(3) Wissenswertes über Keramikgeschirr

Auf der Suche nach mir unbekannten Funktionen, die eine manuelle Anfertigung erfordern bin ich auf interessante Beispiele gestoßen. Ich habe mich bemüht, Funktionen darzustellen, die noch Sinn machen für die heute üblichen Gebräuche in unseren geographischen Breiten:

Handgemachtes Geschirr sollte nicht nur schön aussehen, sondern schon funktionell das Industriegeschirr weit übertreffen.

Vor nicht allzu langer Zeit sagte man: „Handwerk hat goldenen Boden.“ Leider wird auch bei der Keramik zunehmend nach dem Unterhaltungswert (im weitesten Sinne) geschaut und weniger nach der Verwendbarkeit. Der Kunde sucht Geschenkartikel oder „das besondere Einzelstück“ und hat zumeist noch nie etwas von funktioneller Keramik gehört, die Geschirr, so wie man es kennt, adelt. Es ist schwer, entgegen dieser gesellschaftlichen Tendenz eine Lanze für das gute, alte Handwerk zu brechen. Vor allem für Diejenigen, die mit solider, redlicher Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen müssen. So beginnt eine Talfahrt, aktuell zudem forciert durch kurzsichtige Gesetzgebung, die insbesondere das Kunsthandwerk an den Rand der Existenz bringt. Man kann nur hoffen, dass die Talfahrt endet, wenn man auf dem goldenen Boden der Tatsachen angekommen ist.

Auf der Suche nach mir unbekannten Funktionen, die eine manuelle Anfertigung erfordern, habe ich Einiges gefunden. Sicherlich weisen meine Beschreibungen Lücken auf, vor allem was historische, traditionelle Gefäßformen und ihre Aufgaben betrifft.

Mit dem Begriff der „funktionellen Keramik“ verbinden Viele, dass man sie als Geschirr benutzt. Im Prinzip ist das auch richtig, wobei der Begriff der Funktionalität jedoch weit mehr Möglichkeiten umfasst, als landläufig bekannt ist. Da sind zum Einen die Wirkweisen, die heutzutage erwartet werden und zum Anderen die, die darüber hinaus sinnvoll und machbar sind. Meine langjährige Erfahrung aus Verkaufsgesprächen zeigt, dass es sich lohnt, die Mitmenschen auf allerlei erstaunliche Möglichkeiten von Keramik und auf ihre Funktionalität aufmerksam zu machen. Sowohl der Kunde, als auch der Töpfer profitieren davon, denn handgemachte, funktionelle Keramik lässt sich heute nicht besonders gut verkaufen. Sie kostet natürlich mehr, als industriell hergestellte. Will der Keramiker mit einem solchen Qualitätsanspruch an die eigene Ware von seiner Arbeit leben, muss er der quantitativen und preislichen Übermacht industriell hergestellter Keramik ins Auge blicken.

Peinlich wird es, wenn handgemachte Keramik, die mittlerweile vorherrschenden Vorurteile bestätigt, dass diese Dinge meist zwar schön anzusehen sind, aber leider angeblich nicht mit der Präzision gemacht werden können, wie Maschinen das tun. Kannen und Krüge kleckern auch bloß, Übertöpfe und Vasen hinterlassen Wasserränder und die Sachen sind überdies auch noch schwer und unhandlich. Sie sind nach weit verbreiteter Meinung nicht spülmaschinenfest und auch auf anderen Gebieten nur bedingt einsatzfähig. Jedes Gefäß mit einer bestimmten Funktion, sollte alle diesem Zweck entsprechenden Kriterien erfüllen. Wenn der Töpfermeister sich hier etwas vergibt, blamiert er die Innung.

Materialien haben ihre speziellen Eigenschaften. Nur wenn wir ihre Grenzen respektieren, entfalten sich ihre Segnungen. Eine schwere Gusseisenpfanne zum Beispiel hat den Ruf, dass beim Braten kaum etwas darin anbrennt. Bei einer dünnen Materialstärke wäre diese Eigenschaft dahin. Da Keramik Wärme schlecht weiterleitet, kann sie zum Isolieren, beziehungsweise zum Warmhalten oder auch Kühlen vorteilhaft eingesetzt werden. Und Gefäße aus diesem Material können daher bestimmte Aufgaben besonders gut erfüllen. Je mehr von dem Material vorhanden ist, also je dicker der Scherben ist, um so besser ist es für solche Aufgaben. Also müssen die Kunden wissen, dass manche Keramik, wenn sie schwer ist, große Vorteile besitzt.

Trinkgefäße haben besondere Aspekte, die schon bei diesen genannt wurden. Hier noch Ergänzungen: Unter den Trinkgefäßen nimmt die Tasse eine besondere Stellung ein. Meine Beobachtung ist, dass Leute sich vor allem Tassen mit achtsamer Hingabe auswählen. Selten wird heutzutage so viel Umsicht für eine Sache verwendet. Vielleicht liegt es daran, dass wir eine Tasse bei der Benutzung mit unseren Lippen berühren (seit Menschengedenken schon immer eine sehr intime Angelegenheit). Liebgewonnene Alltagsrituale und Gewohnheiten werden beim Kauf ebenso in die Überlegungen mit einbezogen. Soll der Inhalt lange heiß bleiben oder schnell abkühlen ? Trinkt der Benutzer eher viel oder wenig ? Wie liegt die Tasse in der Hand ? Tasse ist etwas ganz Persönliches, ein Stück Zuhause, oft auch mit reichlich Erinnerungen verknüpft. Da sollte von der Form bis zum Dekor alles stimmen. All diese Erwägungen spielen beim Kauf bewusst oder unbewusst eine Rolle. Gesucht wird außerdem oftmals nach spektakulären, oberflächlichen Reizen. Der Kunde macht sich über die eigentlich wichtigen Kriterien keine Gedanken, da er sie zumeist nicht kennt.